Heute
möchte ich Euch ein eher aussergewöhnliches Buch vorstellen, das ich als
Rezensionsexemplar via Blogg Dein Buch erhalten habe.
Was ist Blogg Dein Buch?
Darüber habe ich hier schon ein mal geschrieben, dort findet man auch die
Bedingungen für den Erhalt von Titeln und die Kriterien, die Blogg Dein Buch an
Rezensionen stellt. Einfach nach unten scrollen. ;-)
"Berlin zum Mitmachen – Hands on Berlin.
Dein einzigartiger Berlinbegleiter" ist als Mitmach-Buch für
Berlinbesucher_Innen deklariert, das aber ebenso für
Berliner_Innen funktioniert.
Es ist
zweisprachig gehalten, in Deutsch und in Englisch, so dass ihr es gut an
nichtdeutschsprechende Freund_Innen verschenken könnt. ;-)
Soweit
mein Englisch mich nicht täuscht, bleibt der feine Humor, der sich durch das
Buch zieht, auch im Englischen gut erhalten.
Klappentext:
" Dieses Buch will in Berlin dein Weggefährte sein. Ein praktischer Stadtbegleiter – kein Stadtführer – zum Mitmachen und Gestalten. Nimm es einfach überall hin mit und lass dich überraschen, was ihr zusammen daraus macht. Und – Keine Sorge – es will nur spielen."
Zunächst einmal, was macht man mit diesem Buch?
Es versteht sich explizit nicht
als Stadtführer und ist als solcher auch wirklich nicht zu gebrauchen.
Die
Beschreibung "Mitmach- TageBuch" träfe es vielleicht ganz gut. Das
Buch ist derart gestaltet, dass es die Berlinbesucherin dazu auffordert, sich
im Buch zu bestimmten Anlässen, Sehenswürdigkeiten oder mit Berlin verbundenen
historischen Gegebenheiten zu verewigen.
Meistens gilt es, etwas
zu zeichnen. Sich selbst als König_In von Deutschland zum Beispiel. Das habe ich für Euch mal versucht, bitte eure Lachmuskeln festhalten, ich bin wirklich keine gute Zeichnerin ^^:
In echt habe ich aber einen Hals und Ohren und gelungenere Proportionen. Ich schwöre! Der Hermelin steht mir aber ganz gut, oder?
Auf der
nächsten Seite kann man dann festhalten, welche Gesetze und Verbote man als König_In selbst
erlassen würde.
Direkt danach kann man ein Parteiprogramm schreiben, eine_n
Politiker_In zu Ende malen und ihm oder ihr in einer Sprechblase die Meinung
geigen.
Auf einer Seite kann man nach Anleitung aus den Buchseiten ein im Buch
verbleibendes Etui basteln, in das man dann seine Berlinale-Tickets
einsortieren kann.
Es gibt ein "Wer wird Berlinär"-Quiz,bei dem die
Auflösungen zu den Fragen auf der Facebookseite des Verlags zu finden sind.
Reizend auch das Berlinerisch-Quiz inklusive "Pillepalle", "Zieh
Leine" und dem schönen Terminus "Molle", das ganz Hartgesottene
aus der Eckkneipen-Happy Hour kennen, in Form von "Molle mit Korn"
nämlich (wer musste googlen?).
Das
Buch hangelt sich dabei entlang der Orte, die man so anguckt, wenn man Berlin
besucht (glaub ich mal so, ich wohne ja hier). Es sind z.B. diverse Parks
angeführt mit der Aufforderung, jeweils das Publikum zu skizzieren. Man bekommt
einige Museen genannt und soll etwa Nofretete ein neues Make-Up verpassen –
sogar das Thema "Raubkunst" wird gestreift, hui! Allerdings wurde das
Jüdische Museum ausgelassen.
Auch Typische Berliner Aktivitäten & Eigenheiten sind Zeichenanlass, etwa die schon sprichwörtliche Unfreundlichkeit der Berliner Taxisfahrer_Innen. Es ist wirklich eine Fülle von Möglichkeiten, sich zeichnerisch auszutoben vorhanden.
Ich
habe mich für das Buch beworben, weil ich aussergewöhnliche und
interaktive Buchformate liebe.
Ich mag
es z.B. immer wieder, wenn Fitzek extra für ein Buch eine Internetseite
generiert oder einen Zettel mit einer Telefonnummer (War`s doch?) in jedes Exemplar
eines Thrillers einlegen lässt. Ich bin beeindruckt gewesen von Jodie Picoulds
Idee, in "Schuldig" die Comiczeichnungen des Vaters mit abzudrucken, in
denen die Familiengeschichte als typische Comicsaga erzählt wurde.
Und
auch dieses Format eines persönlich zu gestaltenden Erinnerungsbuches finde ich
sehr schön.
Wen
könnte das Buch interessieren?
Das
Buch ist weniger geeignet für einen kurzen Wochenendsaufenthalt. Denn dann
könnte es geschehen, dass man vor lauter Zeichnerei zu wenig von der Stadt
sieht, so eine Art "Ich mach noch schnell ein Foto"-Situation, bei
der die Kommunikation mit einem Medium über die aktuell gegebene Realität diese Realität teilweise verdeckt.
Das Buch scheint mir passend für jemanden,
der länger in der Stadt ist, ich würde es z.B. Jemandem schenken, der für sein
erstes Semester Studium nach Berlin zieht und sich noch nicht so auskennt.
Oder jemandem, der regelmäßig in die Stadt kommt, um Freund_Innen und Familie zu besuchen und dabei gerne etwas von der Stadt sehen möchte.
Ich bin
hoch erfreut darüber, dass durchgängig
das gender-gap verwendet wurde. Mehr davon! Wer in der Sprache unsichtbar ist, wird nicht mitgedacht und nicht mit assoziiert und wird so auch real unsichtbar gemacht.
Zu
kritisieren finde ich es, dass das Buch keine Seitenzahlen hat, das ist einfach
unpraktisch, falls man später auf eine Seite zurückkehren möchte muss man wie
wild blättern.
Blöd
ist auch ein Artikel mit dem Thema "No No-Go-Areas, Baby", in dem es
heißt, man solle in den ärmsten Bezirken Rolex und teure Autos zu Hause lassen
und der Begriff no-go ansonsten zum Witz darüber wird, dass man hier ständig in
Hundehaufen tritt.
Der
Begriff no-go-Area wurde, wir erinnern uns, 2006 im kontext der in Deutschland
stattfindenden WM geprägt, als Schwarze Verbände und Migrant_Innenvertretungen
nach Deutschland Reisende vor rassistischen Übergriffen warnten. Es gab eine
Riesenmediendiskussion, deren Tenor wie so oft eher ein "Mimimi, wie
können die sowas sagen" war.
Es gibt
no-go-Areas. Sogar mitten in Berlin. Wenn du dir (und ich mir) keine Gedanken darüber machen
musst, wo du nachts umsteigst, in welchen Bezirken du zum Rudern an den See
fahren kannst und in welchen nicht, ob du den Wandertag in die Gärten der Welt
lieber absagen sollst, tja, gut für
dich und gut für mich, sowas nennt man "weiße Privilegien". Andere
haben sie nicht und das auf arm-reich und Hundehaufenwitze runterzubrechen,
auch wenn es ein Witz und Ironie ist, bringt`s nicht.
Fazit:
Ein interessant gemachtes Mitmachbuch für zeichenaffine Menschen, die viel Zeit
in Berlin und mit diesem Buch verbringen wollen. Sicherlich ein schönes
Geschenk für Berlin-Besucher_Innen.
Ich bin
etwas erschlagen von der schieren Fülle der Möglicheiten und würde bei einer Neuauflage Seitenzahlen anregen.
Sehr positiv ist der Humor und die Zweisprachigkeit des Buches, ebenso das Thematisieren von Raubkunst und die geschlechtergerechte Sprache.
Die Seite mit dem Thema "No Go Area" war dafür eher daneben.
Viele Grüße!
Hmmmm, als Geschenk wirklich eine interessante Sache. Vielen Dank fürs Vorstellen :)
AntwortenLöschenLiebe Grüße...
Ist auf jeden fall mal etwas anderes und außergewöhnliches. ;-)
LöschenDas ist eine wirklich famose Sache.
AntwortenLöschenLeider wohn ich verdammt weit weg von Berlin und kann nicht mal einen geraden Strich malen.
Wie man oben sehen konnte, ist Zeichnen leider auch nicht mein Talent. ^^
Löschen